Geiselhörings Rennradler erfolgreichbeim 24 Stunden Rennen in Kelheim
Jährlich findet in Kelheim eines der populärsten Radrennen Deutschlands statt, ein Wochenende verwandelt sich die Kreisstadt in eine einzige Party- und Fanzone bei der sich alles um den Radsport dreht. In 5er Teams oder als Einzelstarter wird versucht, möglichst oft den Kurs zu umrunden.
Bei einem Besuch des Rennes im Vorjahr fassten die Rennradler des TV Geiselhöring den Entschluss, 2024 eine eigene Mannschaft an den Start zu bringen. Im Winter wurde ein einheitliches Radoutfit in den klassischen TV Geiselhöring - Farben „schwarz-gelb“ angeschafft, Abteilungsleiter Jonas Stocker hatte sich mit Laura Zellner um Sponsoren, Beschaffung und Design gekümmert. Ein Dank gilt besonders dem Hauptverein sowie den weiteren Sponsoren aus Geiselhöring, die dank finanzieller Unterstützung die Anschaffung möglich machten. So sind nun die Logos der Brauerei Erl, Zweirad Scherm, Reisebüro Petschl, Bäckerei Pritscher und der Hydrogärtnerei Lampert auf den Trikots und Hosen zu sehen.
In Frühjahr wurde aus der Donnerstag – Rennrad Gruppe ein ausgewogenes Herrenteam zusammengestellt. Neben Uli und Jonas Stocker starteten Matthias Speiseder (Sallach) und Basti Putz (Laberweinting). Mit Marco Schmauser aus Schierling wurde das Team komplett. Insgesamt 116 Herren -Mannschaften traten dann an, zum Teil unterstützt mit Fahrern aus der Bundesliga. Beim Gang durch die Fahrerlager staunte man nicht schlecht über den Aufwand mit Küchen und Physiotherapeuten und Rennrädern im fünfstelligen Bereich.
Zusätzlich ging Michael Dinzinger bei den Einzelfahrern an den Start um in den 24h kontinuierlich möglichst viele Runden zu drehen – hier ist vor allem Ausdauer und Willenskraft gefragt.
Die Staffelstarter wechseln sich dagegen jede Runde ab und gehen auf den 16,4 km ans absolute Limit, um dann nach kurzer Regeneration knapp 2 Stunden später wieder alles zu geben. Explosivität und schnelle Erholung sind hier gefragt.
Pünktlich um 14 Uhr wurde das Rennen eröffnet: Startfahrer Basti Putz brachte die Geiselhöringer in der ersten Runde in eine gute Ausgangsposition und bald pendelten sich die fünf Jungs sensationell zwischen Platz 15 und 20 ein und hatten bereits viele Teams der „großen“ Vereine hintersich gelassen.
Matthias Speiseder beschreibt den Rennablauf so:
So gut wie tot, aber glücklich
02:40 nachts: Aufstehen zum Rennradln! Anziehen rauf auf die Rolle zum Einradeln. Nochmal alles kontrollieren und dann im Halbschlaf auf zur Wechselzone. Mit dem Klickgeräusch der Schuhe in die Pedale wird der körpereigene Motor angeworfen und die Anspannung steigt. Ausschau halten nach dem Teampartner und schon mal die Rennkonstellation verfolgen: Wo sind die anderen, wie weit weg ist die nächste Gruppe. Banges Warten – endlich ist er in Sicht. Vorarbeiten zur besten Wechselposition, hektische Stab-(Flaschen-)Übergabe und mit voller Beschleunigung ab durch das Bierzelt und über das raue Kopfsteinpflaster raus auf die Strecke. Spätestens jetzt sorgt ein unbeschreiblicher Adrenalinschub dafür, dass Du hellwach bist und nur noch eins im Kopf hast: Attacke!
Das Ganze relativiert sich schnell, wenn kurz nach dem Stadttor der Anstieg zum sagenumwobenen „Col de Stausacker“ beginnt. Kämpfen, Leiden - Kopf einschalten. Wer im Anstieg überdreht, dem droht bereits früh der Einbruch. Durch die Serpentinen rauf, vorbei an der Befreiungshalle, kurz verschnaufen in dem kurzen Flachstück, bevor sich dann nach einer Kurve die Rampe zum Bergpreis-Bogen vor einem aufbaut. An der Strecke steht eine Trommler-Gruppe und motiviert nochmal, alles in die Oberschenkel zu pumpen, was man hat. Von der anderen Seite: Grill-Geruch von einem hartnäckigen Party-Lager,das die Nacht zum Tag macht. Weiter oben dann: „Atemlos“ von Helene-Fischer an und Disco-Beleuchtung bis auf die Strecke. Der Radcomputer zeigt 9% Steigung –Durchhalten. Langsam wird´s etwas flacher. Ausschau halten: Wer jetzt keine Gruppe hat oder findet, hat´s auf dem Rest der Strecke schwer.
Endlich rein in die Abfahrt. Trotzdem keine Verschnaufpause: Wer keine Zeit verlieren will, muss auch hier arbeiten und versuchen jenseits der 60 km/h-Marke zu bleiben.
Dann über das vermeintliche Flachstück an der Altmühlentlang zurück Richtung Kelheim. Jetzt kommen die Zeitfahrer in der Gruppe zum Zug, peitschen die Gruppe an und halten das Tempo gnadenlos hoch. Ein unerbittliches Ausscheidungsfahren beginnt, Immer wieder knallharte Antritte und Kilometerlang purer Kampf um´s sportliche Überleben. Jede kleine Welle wird zum unerbittlichen Berg. Ein schmaler Grat zwischen euphorisiertem Tempo-machen vorne und gleichzeitig dem verzweifelten Wieder-Anschluss-Finden beim Einsortieren hinten. Die ersten können dem Tempodruck nicht mehr standhalten und verlieren den Anschluss – sofort geht eine riesige, uneinholbare Lücke auf. Jetzt nur nicht nachlassen, das eigene Team „im Spiel halten“ und dem nächsten Starter eine gute Ausgangsposition für seine Runde sichern.
Dann rein nach Kelheim, die letzten Reserven werden nochmal für den Sprint über die Altmühl-Brücke mobilisiert, um sich eine gute Position für den anstehenden Wechsel zu sichern, bevor die Begrenzungsgitter beginnen. Einbiegen in den Stadtplatz, wo hunderte Zuschauer und die Bierzeltdurchfahrt wartet. Noch einmal volle Konzentration, während man mit Voll-Speed zwischen den eng stehenden Begrenzungszäunen über das Kopfsteinpflaster rattert. Dann: raus aus den Pedalen, über den Baumstamm in die Wechselzone, Partner suchen und mit einem anfeuernden „Auf geht´s“ den Staffelstab übergeben. Geschafft. Noch kurz ein Stück Wassermelone am Verpflegungsstand und dann körperlich tot aber völlig euphorisiert zurück zum Fahrerlager, wo die anderen schon die Rundenzeit und die aktuelle Rennsituation abgerufen parat haben und auf den kurzen Rundenbericht warten.
Auf die Rolle, Ausradeln, immer wieder Essen, versuchen, etwas zur Ruhe zu kommen, zwischendurch die von der Strecke zurückkommenden Jungs ausfragen und immer wieder die eigene nächste Startzeit im Blick halten. Und schon geht´s wieder weiter zur nächsten Runde…
Bis auf eine Schrecksekunde, als Uli Stocker in der 13. Runde mit hoher Geschwindigkeit an einer Streckenbegrenzung stürzte und zum Glück unverletzt blieb, konnten die fünf vom TV Geiselhöring ohne Probleme ihre Runden abspulen und sich immer weiter nach vorne arbeiten. Kurz vor Ende des Rennens konnten sie dann noch ein Team vom Veranstalter RSC Kelheim überholen und beendeten nach 52 Runden und 852,8 Kilometern auf dem hervorragenden 16.Platz diesen Wettbewerb und konnten die in sie gesetzten Erwartungen mehr als Erfüllen.
Von den 1140 Teilnehmern traten immerhin 155 als Einzelstarter an, davon 64 in der Klasse Einzel Männer Masters (Ü50). Michael Dinzinger hatte sich für die erste Teilnahme eine Top-20 Platzierung vorgenommen. Dank schnellen Runden zu Beginn lag er jedoch bald um den 7. Platz und fuhr nun ohne lange Pausen kontinuierlich dahin und verbesserte sich um weitere Plätze. Seine Frau Marion unterstütze ihn rund um die Uhr an der Strecke und so brauchte er so gut wie keine Standzeiten um z.B. Verpflegung zu fassen - auf Schlaf wurde sowieso komplett verzichtet. Motiviert durch die Anfeuerung von Bekannten, die zur Strecke gekommen waren und die aufmunternden Worte der Teamfahrer bei den immer wieder vorkommenden Überholvorgängen spulte er Runde für Runde ab. Am Samstag konnte er noch oft im Windschatten von Teamfahren bleiben, am Sonntag war dann jeder weitere Anstieg zum „Col de Stausacker“ eine einzige Qual. Bis zum Morgen hatte er sich auf Platz 2 vorgekämpft, leider traten dann Beschwerden am Knie auf. Eine kurze Pause zur Massage wurde eingelegt, allerdings fiel er auf Rang drei zurück und hatte nur noch 2 Minuten Vorsprungvor seinen Verfolgern. Doch der Schmerz wurde weniger und so konnte er seine Zeiten wieder steigern und sich den dritten Platz sichern.
Nach 23 Stunden und 29 Minuten erreichte er das Ziel: am Ende waren es dann 39 Runden die er gefahren war - das sind knapp 640 Kilometer und 8000 Höhenmeter. Die Belohnung war ein sensationeller Rang drei und damit ein wunderschöner Pokal und die Hoffnung, dass alle Schmerzen in ein paar Tagen wieder vorbei sind.